Gewerbesteuer: Kürzung des Gewerbeertrages bei Wohnungsunternehmen

Wohnungsunternehmen, die außer der Immobilienverwaltung sowie der Verwaltung eigenen Kapitalvermögens keine anderen Aktivitäten entfalten, profitieren von einer besonderen Regelung im Gewerbesteuergesetz: Nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG greift die "erweiterte Gewerbesteuerkürzung", die selbst hohe Gewinne komplett von der Gewerbesteuer befreit. Doch die Finanzverwaltung ist recht streng: Übrige Aktivitäten, die in der Vorschrift nicht genannt sind, führen zu einem Entzug der erweiterten Gewerbesteuerkürzung. Eine - wie auch immer geartete - gewerbliche Betätigung wäre also schädlich. Dazu gehörte nach früherem Verständnis auch der Betrieb einer Fotovoltaikanlage.

Das im Jahre 2021 verabschiedete Fondsstandortgesetz sieht hier aber eine Erleichterung vor: So sind die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen (§ 3 Nr. 21 EEG) und der Betrieb von E-Ladestationen für die erweiterte Kürzung unschädlich. Wohnungsunternehmen können die erweiterte Kürzung weiterhin in Anspruch nehmen, wenn ihre diesbezüglichen Einnahmen nachweislich nicht höher sind als 10 Prozent der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes. Der Strom aus den Energieerzeugungsanlagen darf dabei nur ins Netz eingespeist oder an die Mieter des Grundstücksunternehmens geliefert werden. Die Neuregelungen gelten seit dem Erhebungszeitraum 2021 (§ 9 Nr. 1 Sätze 3 und 4, § 36 GewStG). Die obersten Finanzbehörden der Länder haben nun umfassend zu Zweifelsfragen der Gesetzesänderung Stellung genommen (Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 17.6.2022). Unter anderem wird Folgendes verfügt: 

  • Ausgangsgröße für die Berechnung der prozentualen Grenze sind die Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des gesamten eigenen Grundbesitzes des Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmens. Hierzu gehören insbesondere die vereinbarten Miet- und Pachteinnahmen inklusive sämtlicher umlagefähiger Betriebskosten. Die Umsatzsteuer bleibt bei der Ermittlung der Einnahmen außer Ansatz (Nettobetrachtung). Bei einer temporären Mietfreistellung durch den Vermieter (beispielsweise bei Vertragsbeginn oder in Krisensituationen) ist grundsätzlich von einer vereinbarten Miete von Null Euro auszugehen.
  • Im Falle einer ertragsteuerlichen Organschaft sind die Voraussetzungen aller zum Organkreis gehörenden Unternehmen getrennt zu prüfen. Einnahmen aus der Veräußerung oder der Demontage von Anlagen sind bei der Prüfung der 10-Prozent-Grenze einzubeziehen.
  • Erneuerbare Energien im Sinne des § 3 Nr. 21 EEG sind Wasserkraft, Windenergie, solare Strahlungsenergie, Geothermie und Energie aus Biomassen. Ein Blockheizkraftwerk stellt wegen des ausdrücklichen Bezugs auf § 3 Nr. 21 EEG hingegen grundsätzlich keine Anlage dar, die für die Gewerbesteuerkürzung unschädlich wäre. Blockheizkraftwerke können jedoch ausnahmsweise eine "unschädliche" Anlage darstellen, soweit das Blockheizkraftwerk ausschließlich mit Biomasse im Sinne des § 3 Nr. 21 EEG betrieben wird. 
  • Der Selbstverbrauch von erzeugtem Strom durch das Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen steht der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags grundsätzlich nicht entgegen. Wird selbst produzierter Strom jedoch zunächst in das Netz eines Netzbetreibers eingespeist und sodann wieder bezogen, so liegt kein Selbstverbrauch vor. 
  • Unschädlich für die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags sind Einnahmen aus der Lieferung von Strom aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge einschließlich Elektrofahrräder, wenn die Unschädlichkeitsgrenze nicht überschritten wird. Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine "Unschädlichkeit" sind allerdings nur dann erfüllt, wenn neben der Überlassung der Ladestation auch die Stromlieferung durch das Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen erfolgt (Lieferung von Strom aus dem Betrieb von Ladestationen). Die Lieferung von Strom aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge einschließlich Elektrofahrräder ist auch dann unschädlich für die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags, wenn sie nicht (ausschließlich) an Mieter erfolgt.

Hinweis: Die aktuelle Anweisung der Finanzverwaltung enthält zahlreiche weitere Ausführungen und auch Beispiele, die wir Ihnen bei Interesse gerne näher vorstellen.

 


 

30.08.2022