Mitglieder von Wohnungseigentümer-Gemeinschaften zahlen regelmäßig in die Erhaltungsrücklage ein, früher als Instandhaltungsrücklage bezeichnet (§ 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG). Vermögensrechtlich gehört die Rücklage der Eigentümergemeinschaft und nicht anteilig dem jeweiligen Wohnungseigentümer, weil die Eigentümergemeinschaft eine eigene Rechtsfähigkeit besitzt. Dies ergibt sich aus dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) seit dem 1.7.2007 und insbesondere aus dem Wohnungseigentums-Modernisierungsgesetz vom 16.10.2020 (BGBl I 2020, 2187).
Steuerlich gilt auch nach der Novellierung des WEG, dass die Beiträge zur Erhaltungsrücklage beim einzelnen Wohnungseigentümer erst dann als Werbungskosten abgezogen werden dürfen, wenn der Verwalter sie verausgabt hat - vorausgesetzt natürlich, die Wohnung dient der Einkünfteerzielung. Wird die Erhaltungsrücklage ausnahmsweise für Maßnahmen verwendet, die zu Herstellungskosten führen, sind nur die entsprechenden Absetzungen für Abnutzung als Werbungskosten abziehbar (Oberfinanzdirektion Frankfurt/Main, Verfügung vom 9.11.2022, S 2211 A - 12 - St 214). Der Bundesfinanzhof hat diese Auffassung nun bestätigt (BFH-Urteil vom 14.1.2025, IX R 19/24).
Die Kläger vermieteten mehrere Eigentumswohnungen. Das von ihnen an die jeweilige Wohnungseigentümer-Gemeinschaft gezahlte Hausgeld wurde zum Teil der gesetzlich vorgesehenen Erhaltungsrücklage zugeführt. Das Finanzamt sah in dieser Zuführung zur Rücklage keine Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften. Der Abzug könne erst in dem Jahr erfolgen, in dem die zurückgelegten Mittel für die tatsächlich angefallenen Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum verbraucht würden. Einspruch, Klage und Revision blieben ohne Erfolg.
Der Werbungskostenabzug fordere einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Vermietungstätigkeit und den Aufwendungen des Eigentümers. Die Kläger hatten das Hausgeld zwar in die Erhaltungsrücklage eingezahlt und konnten hierauf nicht mehr zugreifen, da das Geld ausschließlich der Wohnungseigentümer-Gemeinschaft gehört. Auslösendes Moment für die Zahlung war aber nicht die Vermietung, sondern die rechtliche Pflicht jedes Wohnungseigentümers, am Aufbau und an der Aufrechterhaltung einer angemessenen Rücklage für die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums mitzuwirken. Ein Zusammenhang zur Vermietung entstehe erst, wenn die Gemeinschaft die angesammelten Mittel für Erhaltungsmaßnahmen verausgabt. Erst dann kommen die Mittel der Immobilie zugute. Weder die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümer-Gemeinschaft nach der Reform des WEG noch die Qualifikation der Erhaltungsrücklage als Gemeinschaftsvermögen im Sinne von § 9a Abs. 3 WEG ändern etwas an dieser Auffassung. Im Stadium der Zahlung des Hausgeldes sei noch gar nicht absehbar, ob, wann und in welcher Höhe welche Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum durchgeführt werden.
Diese Ansicht führe auch dann zu folgerichtigen Ergebnissen, wenn im zeitlichen Nachgang zur Zuführung von Mitteln zur Erhaltungsrücklage Veränderungen im Eigentumsrecht oder in den Nutzungsverhältnissen eintreten. Veräußert der in die Rücklage einzahlende Wohnungseigentümer sein Eigentum vor Durchführung der Erhaltungsmaßnahme, bleibt ihm zwar endgültig ein Werbungskostenabzug verwehrt. Er wird aber im Regelfall einen Ausgleich vom Erwerber für den Rücklagenbestand erhalten. Auch ist die Auffassung zutreffend, wenn die Wohnung zum Zeitpunkt der Durchführung von aus der Rücklage finanzierten Erhaltungsmaßnahmen entweder nicht mehr oder aber inzwischen zur Einkünfteerzielung genutzt wird. Nur im zweitgenannten Fall sind die verausgabten Mittel als Werbungskosten abziehbar. Ein zeitlich vorgelagerter Abzug wäre im erstgenannten Fall zur Vermeidung unzutreffender Ergebnisse nachträglich zu korrigieren. Ein zeitlich nachgelagerter Werbungskostenabzug vermeidet zudem mögliche steuerliche Gestaltungen - gerade bei Wohnungseigentümer-Gemeinschaften mit geringer Mitgliederanzahl - durch nicht notwendig hohe Zuführungen zur Erhaltungsrücklage.
Zur Grunderwerbsteuer hat der BFH entschieden, dass der vereinbarte Kaufpreis für den Verkauf einer Eigentumswohnung als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer gilt. Er darf nicht um die anteilige Instandhaltungsrücklage gemindert werden (BFH-Urteil vom 16.9.2020, II R 49/17). Für die Einkommensteuer indes hält der BFH eine andere Sichtweise für geboten. Das Grunderwerbsteuerrecht orientiere sich am Zivilrecht, beim Einkommensteuerrecht hingegen sei eine wirtschaftliche Sichtweise geboten. Eine deckungsgleiche Beurteilung vergleichbarer Vorgänge im Grunderwerbsteuerrecht und Einkommensteuerrecht sei nicht geboten.