Infektionsschutzgesetz: Keine Lohnsteuer-Nachforderung in Bagatellfällen

Insbesondere im Erstjahr der Corona-Pandemie wurden viele Arbeitnehmer in Quarantäne geschickt, ohne selbst krank gewesen zu sein. Das Infektionsschutzgesetz (IfSG) sieht in § 56 eine Verdienstausfallentschädigung für diese Fälle vor. Den Verdienstausfall zahlt zunächst der Arbeitgeber. Die Leistung wird dem Arbeitgeber aber auf Antrag von der Entschädigungsbehörde erstattet. Das Bundesfinanzministerium hat nun zu steuerlichen Fragen rund um die Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz Stellung genommen und dabei eine erfreuliche Nichtbeanstandungsgrenze eingeführt (BMF-Schreiben vom 25.01.2023, IV C 5 - S 2342/20/10008 :003). Danach gilt unter anderem:

  • Die Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz ist steuerfrei (§ 3 Nr. 25 EStG), unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt. Stellt der Arbeitgeber im Nachhinein fest, dass seine ursprüngliche Behandlung der Lohnzahlung/Verdienstausfallentschädigung (Lohnversteuerung bzw. Steuerfreistellung) unzutreffend war, ist er verpflichtet, zu viel erhobene Lohnsteuer bei der nächsten Lohnzahlung zu erstatten bzw. noch nicht erhobene Lohnsteuer bei der nächsten Lohnzahlung einzubehalten. Eine Änderung des Lohnsteuerabzugs ist aber nur bis zur Übermittlung bzw. bis zum Ausstellen der Lohnsteuerbescheinigung zulässig. Wurde die elektronische Lohnsteuerbescheinigung vom Arbeitgeber bereits an die Finanzverwaltung übermittelt, ist eine Änderung des Lohnsteuerabzugs nicht mehr möglich (§ 41c Abs. 3 EStG). Die elektronische Lohnsteuerbescheinigung und die Lohnsteuer-Anmeldung dürfen nicht berichtigt werden.
     
  • Zahlt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Arbeitslohn, der zunächst versteuert wird, und erhält der Arbeitgeber später auf seinen Antrag hin von der Entschädigungsbehörde eine Erstattung nach § 56 IfSG, so liegt insoweit eine unzutreffende Lohnversteuerung zuungunsten des Arbeitnehmers vor. Im Falle der unzutreffenden Lohnversteuerung unterliegt der Arbeitgeber in der Regel aber keiner lohnsteuerlichen Mitteilungspflicht gegenüber dem Betriebsstätten-Finanzamt. Der Arbeitnehmer kann seinen Anspruch auf Erstattung der vom Arbeitgeber zu Unrecht einbehaltenen Lohnsteuer daher (nur) im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung geltend machen.  
     
  • Geht der Arbeitgeber zunächst davon aus, dass eine Zahlung an den Arbeitnehmer als Verdienstausfallentschädigung nach dem IfSG steuerfrei ist und wird der Erstattungsantrag des Arbeitgebers später von der Entschädigungsbehörde abgelehnt oder ein niedrigerer Betrag als beantragt erstattet, hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig einbehalten. Grundsätzlich sollte der Arbeitgeber eine zu viel gezahlte Verdienstausfallentschädigung zwar vom Arbeitnehmer zurückfordern und die Lohnsteuerbescheinigung entsprechend ändern, doch wenn zwischen Antragstellung und späterer Ablehnung der Entschädigung viele Monate vergangen sind, wird das nicht möglich sein.
     
  • Kommt eine Berichtigung der Lohnsteuer(-bescheinigung) durch den Arbeitgeber nicht infrage, muss er dem Betriebsstätten-Finanzamt den nicht vorgenommenen Lohnsteuerabzug anzeigen. Das Betriebsstätten-Finanzamt fordert die zu wenig erhobene Lohnsteuer beim Arbeitnehmer nach (Nachforderungsbescheid). Die nachgeforderte Lohnsteuer wird dann bei der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers auf die Einkommensteuer angerechnet. Wahlweise kann das Betriebsstätten-Finanzamt auf die Nachforderung verzichten, wenn der Arbeitnehmer ohnehin zur Einkommensteuer veranlagt wird.

DSG-Logo schrägHinweis: In den Fällen unzutreffender Steuerfreistellung wird es nicht beanstandet, wenn der Arbeitgeber von seiner Anzeigepflicht absieht, sofern die Differenz zwischen der dem Arbeitnehmer gezahlten Verdienstausfallentschädigung und der dem Arbeitgeber bewilligten Erstattung 200 Euro pro Quarantänefall nicht übersteigt. Insoweit haftet der Arbeitgeber auch nicht für die nicht vorschriftsmäßig einbehaltene Lohnsteuer. Von einer Nachforderung der zu wenig erhobenen Lohnsteuer beim Arbeitnehmer wird abgesehen. In diesen Fällen unterbleibt auch eine Korrektur der unzutreffenden Steuerfreistellung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers.


 

27.03.2023