Für bestimmte Photovoltaikanlagen gilt seit 2022 eine gesetzliche Ertragsteuerbefreiung (§ 3 Nr. 72 EStG). Im Gegenzug sind Betriebsausgaben seit 2022 nicht mehr abziehbar. Doch wie sind so genannte nachlaufende Betriebsausgaben steuerlich zu behandeln, also beispielswiese eine in 2022 geleistete Umsatzsteuer-Nachzahlung für das Jahr 2021? Mittlerweile liegen dazu mehrere Entscheidungen der Finanzgerichte und auch Revisionen beim Bundesfinanzhof vor. Das Finanzgericht Nürnberg hat entschieden, dass ab dem Veranlagungszeitraum 2022 keine Betriebsausgaben für steuerbefreite Photovoltaikanlagen mehr abgezogen werden dürfen, selbst wenn diese auf steuerpflichtige Einnahmen früherer Veranlagungszeiträume entfallen (Urteil vom 19.9.2024, 4 K 1440/23, Revision unter Az. III R 35/24). Das Finanzgericht Münster hat in einem ähnlich gelagerten Sachverhalt hingegen entschieden, dass ein nachlaufender Betriebsausgabenabzug zulässig ist (Urteil vom 6.11.2024, 7 K 105/24 E, Revision unter Az. X R 30/24).
Nun hat auch das Niedersächsische Finanzgericht den nachlaufenden Betriebsausgabenabzug zugelassen (Urteil vom 11.12.2024, 9 K 83/24, Revision unter Az. X R 2/25). Im zugrundeliegenden Fall geht es um eine Ehegatten-GbR, die eine Photovoltaikanlage betrieb. Diese ermittelte ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung. Für das Jahr 2022 erklärte die GbR, dass sie Einspeisevergütungen der Jahre 2018 bis 2021 in Höhe von 4.550,56 Euro zurückzahlen musste. Diese hatte sie in den Vorjahren versteuert. Den Rückzahlungsbetrag machte sie neben einigen weiteren Kosten als Betriebsausgaben geltend. Das Finanzamt lehnte den Abzug im Hinblick auf § 3 Nr. 72 EStG ab, das heißt, es wurde nicht einmal die beantragte einheitliche und gesonderte Feststellung durchgeführt, so dass die erklärten gewerblichen Verluste unberücksichtigt blieben. Die hiergegen gerichtete Klage führte zum Erfolg.
Die Begründung: § 3 Nr. 72 Satz 2 EStG enthält kein generelles Gewinnermittlungsverbot. Die Vorschrift entlastet den Betreiber lediglich von der Erstellung einer Gewinnermittlung. Daher bleibt die Rückzahlung einer früher versteuerten Betriebseinnahme auch dann als Betriebsausgabe abzugsfähig, wenn spätere Betriebseinnahmen von der Steuer befreit sind. Der Abzug der Rückzahlung der Einspeisevergütungen als Betriebsausgabe ist auch nicht nach § 3c Abs. 1 EStG ausgeschlossen. Im Streitfall war die GbR durch die Versteuerung der überhöhten Einspeisevergütungen in den Vorjahren tatsächlich steuerlich belastet. Dem entspricht es, die Rückzahlung der bereits versteuerten Einspeisevergütung als Betriebsausgabe entlastend zu berücksichtigen.