Bei dem Mindestlohn handelt es sich um einen Bruttolohn, der als Geldleistung zu berechnen und auszuzahlen ist. Die Entlohnung im Wege der Gewährung von Sachbezügen, beispielsweise in Form einer Pkw-Gestellung anstelle von Geld, ist nicht zulässig. So zumindest wird überwiegend das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 25.5.2016 (5 AZR 135/16) interpretiert. Es stellt sich in diesem Zusammenhang aber eine weitere Frage: Sind die Sozialversicherungsbeiträge, wenn Sachlohn anstelle von Barlohn gewährt wird und dadurch der Mindestlohn nicht erreicht wird, vom Sachbezug zuzüglich eines - bislang nicht realisierten - Anspruchs auf den Mindestlohn zu berechnen? Anders ausgedrückt: Sind Sozialversicherungsbeiträge von einem "Phantomlohn" zu berechnen? Mit dieser Frage muss sich nun das Bundessozialgericht in dem Verfahren mit dem Az. B 12 BA 6/23 R befassen. Vorausgegangen ist ein - für den klagenden Arbeitgeber positives - Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG-Urteil vom 19.4.2023, L 5 BA 1846/22).
Der Kläger beschäftigte einen Monteur in Teilzeit mit 43,5 Arbeitsstunden monatlich (es ging um den Zeitraum 1.4.2014 bis 31.1.2016). Vereinbart war eine monatliche Vergütung in Höhe von 398 Euro, die aus einem geldwerten Vorteil für die Überlassung eines Firmenwagens bestand. Aus dem Sachbezug wurden Sozialversicherungsbeiträge entrichtet. Daneben übte der Monteur eine Hauptbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber aus. Nach einer Sozialversicherungsprüfung sollte der Arbeitgeber Gesamtsozialversicherungs- und Umlagebeiträge nachzahlen. Dem Monteur sei nicht der seit 1.1.2015 gültige gesetzliche Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) in Höhe von seinerzeit 8,50 Euro brutto je Zeitstunde gezahlt worden. Der Mindestlohn werde als Geldbetrag geschuldet. Der Arbeitnehmer habe folglich über den Sachbezug hinaus Anspruch auf weiteres Arbeitsentgelt nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 MiLoG, so dass sich die Sozialversicherungs- und Umlagebeiträge aus dem Sachbezug und dem darüber hinaus gehenden Arbeitsentgelt berechneten. Letztlich wurde also ein "Phantomlohn" der Sozialversicherung unterworfen. Der hiergegen eingelegte Widerspruch und die Klage blieben zunächst erfolglos, doch das LSG ist im Berufungsverfahren anderer Auffassung und sieht die Nachforderung der Sozialversicherungsbeiträge als rechtswidrig an.
Begründung: Im Streitfall haben der Kläger und der Arbeitnehmer einen Arbeitsentgeltanspruch in Höhe von monatlich 398 Euro vereinbart - nur auf diesen Betrag kommt es für die Bemessung der Sozialversicherungsbeiträge an. Ein höheres Arbeitsentgelt schuldete der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch unter Anwendung des MiLoG nicht. Der vereinbarte Arbeitsentgeltanspruch von 398 Euro wahrt der Höhe nach den Mindestlohn von damals 8,50 Euro je Zeitstunde, da 43,5 Arbeitsstunden vereinbart waren und auch geleistet wurden. Der Kläger zahlte demnach dem Arbeitnehmer einen Stundenlohn von 9,15 Euro. Der Arbeitsentgeltanspruch erhöht sich auch nicht deshalb, weil dieser nur in Form einer Sachzuwendung erbracht wurde und damit - möglicherweise - der Teil des Arbeitsentgeltanspruchs, der auf den Mindestlohn entfiel, als nicht erfüllt anzusehen ist. Es wäre lediglich ein Teil seines Anspruchs bislang nicht erfüllt, weil die Vereinbarung, den Arbeitsentgeltanspruch (vollständig) durch einen Sachbezug zu tilgen, gemäß § 134 BGB nichtig wäre. Der Arbeitnehmer könnte dann Erfüllung durch Geldzahlung verlangen, müsste aber im Gegenzug den Wert der Sachzuwendung aus bereicherungsrechtlichen Gründen erstatten. Ein Anspruch auf beide Beträge (den Wert der Sachzuwendung und den Mindestlohn) besteht aber weder arbeitsrechtlich noch nach dem MiLoG.