Seit 2022 gilt eine Steuerbefreiung für kleine Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen). Erträge aus Stromverkäufen und Entnahmen von Strom für private Zwecke sind von der Einkommensteuer befreit. Allerdings dürfen auch keine Aufwendungen mehr geltend gemacht werden. Die Regelung gilt in den folgenden Fällen:
- Anlagen auf oder an Einfamilienhäusern sowie nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden mit einer installierten Gesamtleistung von bis 30 kWp
- Anlagen auf/an/in sonstigen Gebäuden (z.B. Mehrfamilienhäuser, gemischt genutzte Immobilien) mit einer installierten Leistung von bis zu 15 kWp je Wohn- oder Gewerbeeinheit
- bei Vorhandensein mehrerer Anlagen: maximal 100 kWp je Steuerpflichtigem bzw. Mitunternehmerschaft
Durch das Jahressteuergesetz 2024 sollen die Regelungen zu den begünstigten Anlagenkapazitäten vereinfacht werden. Auch bei sonstigen Gebäuden soll die zulässige Gesamtleistung der Anlage auf 30 kWp je Wohn- oder Gewerbeeinheit erhöht werden.
Klargestellt wird, dass auch Gebäude mit mehreren Gewerbeeinheiten begünstigt sind und es sich bei der zulässigen Anlagenkapazität pro Gebäude um eine Freigrenze und keinen Freibetrag handelt. Maßgeblich ist hierbei immer die im Marktstammdatenregister erfasste Anlagenkapazität. Sobald diese pro Gebäude nur geringfügig überschritten wird, fällt die Steuerbefreiung insgesamt weg.
Zweifelsfragen bei steuerfreien PV-Anlagen
Die rückwirkend zum 01.01.2022 eingeführte Steuerbefreiung hat zu einigen Unsicherheiten geführt. Unklar ist derzeit noch die Behandlung von Aufwand, dessen Ursache vor 2022 liegt, während die Zahlung und damit die steuerliche Wirksamkeit erst 2022 oder später erfolgt ist.
Ein Steuerzahler betreibt auf seinem Hausdach eine PV-Anlage mit 20 kWp, die Einspeiseerträge aus dieser und auch der Eigenverbrauch sind ab 2022 von der Einkommensteuer befreit. Gleichzeitig können Aufwendungen nicht mehr geltend gemacht werden. Die Steuerberaterkosten für die Erstellung der Einnahmenüberschussrechnung und der Steuererklärungen für 2019 bis 2021 werden erst im April 2022 gezahlt. Das Finanzamt (FA) lehnt den Abzug der Kosten für das Jahr 2022 ab, da ab diesem Zeitpunkt die Steuerbefreiung gilt und damit kein Aufwandsabzug möglich sei.
Die Rechtsfrage, ob bei einer Einnahmenüberschussrechnung Kosten, die in den Jahren vor der Steuerfreiheit verursacht wurden, auch bei Zahlung ab 2022 steuermindernd zu berücksichtigen sind, ist derzeit ungeklärt. Es sind verschiedene Finanzgerichtsverfahren anhängig. Bis zu einer Entscheidung kann ggf. ein Ruhen des Verfahrens beantragt werden - was allerdings im Ermessen des FA liegt. Ansonsten bleibt nur der Weg über Einspruch und Klage.
Auflösung von vor 2022 gebildeten Investitionsabzugsbeträgen
Durch Investitionsabzugsbeträge (IAB) können derzeit bis zu 50 % von geplanten Anschaffungskosten für bewegliche Wirtschaftsgüter, also etwa auch Aufdach-PV-Anlagen, schon vor der Anschaffung steuerlich geltend gemacht werden. Durch die Steuerbefreiung ab 2022 müssen aber nun entsprechend in den Vorjahren gebildete IAB wieder rückgängig gemacht werden, wenn bis zum 31.12.2021 keine Investition erfolgt ist. Dies hat das Finanzgericht Köln (FG) in einem Beschluss vom Frühjahr 2024 bestätigt. Der Kläger hatte noch vorgebracht, auf die Steuerersparnis fest vertraut zu haben - ohne Erfolg. Durch die Rückgängigmachung des IAB kam es zu einer Nachzahlung. Auch Zinsbelastungen sind in derart gelagerten Fällen möglich. Das letzte Wort in dieser Frage ist aber noch nicht gesprochen. Gegen den Beschluss des FG wurde Beschwerde vor dem Bundesfinanzhof eingelegt.