Verdienstausfall-Entschädigung: Schädliche Teilzahlungen der Versicherung

Wer unverschuldet geschädigt wird und dem deshalb vom Schädiger oder dessen Versicherung ein Verdienstausfall ersetzt wird, muss die Zahlung grundsätzlich versteuern (§ 24 Nr. 1a EStG). Wenn dieser Ersatz mehrere Jahre betrifft und zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum geleistet wird, ist er nach der so genannten Fünftelregelung des § 34 EStG immerhin ermäßigt zu besteuern. Doch Vorsicht: Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass keine "Zusammenballung" vorliegt, wenn die Verdienstausfallentschädigung nach der "modifizierten Nettolohnmethode" berechnet wird und dem Geschädigten die Einkommensteuer erst in einem späteren Veranlagungszeitraum von der Versicherung erstattet wird. Es kommt dann keine Steuerermäßigung nach der Fünftelregelung infrage (BFH-Urteile vom 15.10.2024, IX R 5/23 und IX R 26/23). 

In dem Urteil IX R 26/23 ging es um folgenden Sachverhalt: Die Klägerin war aufgrund medizinischer Behandlungsfehler bei einer Operation so erheblich geschädigt worden, dass sie ihre Tätigkeit anschließend nur noch eingeschränkt ausüben konnte. In dem folgenden Rechtsstreit gegen das Krankenhaus und die behandelnden Ärzte wurde ein Vergleich geschlossen, wonach der Klägerin ein Verdienstausgleich gezahlt und im Anschluss die hierauf entfallende Steuer übernommen werden sollten. Der Verdienstausfallschaden wurde nach der modifizierten Nettolohnmethode ermittelt. Die Versicherungen überwiesen in 2018 die vereinbarten Entschädigungen auf das Konto der Klägerin. Die Steuern wurden erst bei Vorliegen des Steuerbescheides im Folgejahr erstattet. Die Klägerin versteuerte die Verdienstausfallentschädigung wie Arbeitslohn. Die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG, das heißt die Fünftelregelung, wurde ihr aber versagt, denn die Versicherungen würden die Steuern erst im folgenden Veranlagungszeitraum erstatten. Mithin liege keine Zusammenballung von Einkünften vor, die für die Fünftelregelung erforderlich sei. Einspruch, Klage und Revision blieben ohne Erfolg. 

Eine tarifermäßigte Besteuerung sei ausgeschlossen, weil die Klägerin ihren gesamten Verdienstausfallschaden (einschließlich der hierauf beruhenden Steuerlasten) nicht zusammengeballt in nur einem Jahr ersetzt erhielt. Außerordentliche Einkünfte i.S. des § 34 Abs. 1 und 2 EStG werden nur bejaht, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstehen. Keine Zusammenballung in diesem Sinne liege typischerweise vor, wenn eine Entschädigung in zwei oder mehr Veranlagungszeiträumen gezahlt wird, auch wenn die Zahlungen jeweils mit anderen laufenden Einkünften zusammentreffen und sich ein Progressionsnachteil ergibt.

DSG-Hinweis 
§ 34 Abs. 1 EStG, also die Fünftelregelung, ist trotz des Zuflusses in zwei Veranlagungszeiträumen ausnahmsweise auch dann anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige nur eine geringfügige Teilleistung erhält und die ganz überwiegende Leistung in einem Betrag ausgezahlt wird, wobei sich die Teilzahlungen im Verhältnis zueinander eindeutig als Haupt- und Nebenleistung darstellen müssen und die Nebenleistung nur geringfügig sein darf (das heißt regelmäßig nicht mehr als zehn Prozent der Hauptleistung). Eine weitere Ausnahme ist in solchen Fällen geboten, in denen - neben der Hauptleistung - in späteren Veranlagungszeiträumen aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit Entschädigungszusatzleistungen gewährt werden. Solche Ausnahmen lagen im Streitfall aber nicht vor.
 

24.02.2025